Interview aus dem Süden
Mehr Fachkräfte für Mobilität und Klimaschutz

Förderprogramm in Baden-Württemberg
Die Mobilitätswende braucht Fachkräfte, die vor Ort Projekte anstoßen, planen und umsetzen. Mit einer finanziellen und fachlichen Förderung unterstützt daher das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg zusätzliche Personalstellen im Bereich nachhaltige Mobilität in Städten und Landkreisen. Einzelheiten zu den Fördermodalitäten erläutern Dr. Konstantin Krauß aus dem Verkehrsministerium und Dr.-Ing. Annika Weiss, Projektmanagerin der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW), die das Förderprogramm betreuen.
Ein Gespräch von Christina Georgieva
Netzwerk Grüne Arbeitswelt: Warum wurde das Förderprogramm ins Leben gerufen?
Konstantin Krauß: Wir haben für das Land beschlossen, bis 2030 die Emissionen im Verkehr um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Unsere Szenario-Rechnungen zeigen, dass Land und Kommunen gemeinsam für 45 Prozent der dafür notwendigen Maßnahmen zuständig sind. So sind insbesondere die kommunalen Verwaltungen maßgebliche Akteurinnen in diesem Prozess. Diese möchte das Land mit dieser Förderung unterstützen, um gemeinsam eine nachhaltige Mobilität zu erreichen.
Was sind Ziele und Zweck der Förderung?
Konstantin Krauß: Das Ziel dieser Förderung ist es, Personalstrukturen in der kommunalen Verwaltung auf- oder auszubauen. Diese können lokal und fokussiert an der Konzeptualisierung und Umsetzung einer nachhaltigen Mobilität arbeiten. Die Personalstellen unterstützen insbesondere Stadt- und Landkreise sowie weitere kommunale Akteure, um personelle Kapazitäten kurzfristig auszubauen.
An wen richtet sich die Förderung? Wer kann einen Antrag stellen?
Annika Weiss: Einen Antrag können alle Stadt- und Landkreise, Städte und Verwaltungsgemeinschaften mit unterer Verkehrsbehörde stellen. Bei manchen Schwerpunkten dürfen dies auch private Beratungsagenturen oder kommunale Unternehmen wie z. B. Stadtwerke oder Verkehrsverbünde tun – wenn sie vorab die Einwilligung der Kommune einholen. Auch kreisangehörigen Gemeinden ist dies möglich.
Welche Stellen werden gefördert? In welchem Umfang und in welchen Bereichen?
Annika Weiss: Die Personalstellen werden über vier Jahre zu 50 Prozent vom Land Baden-Württemberg in Anlehnung an den TVöD (höherer oder gehobener Dienst) gefördert. In den ersten beiden Jahren erhalten die Antragstellenden 100 Prozent Förderung, die letzten beiden Jahre müssen sie selbst finanzieren. Das ergibt die Förderquote von 50 Prozent.
Es werden Fachkräfte in acht verschiedenen Bereichen gefördert:
- Fußverkehr/ Ortsmitten/Schulwege
- Mobilitätsstationen und Car-Sharing
- Ruhender Verkehr: Parkraumkonzeption
- Datenmanagement
- Elektromobilität
- Ladeinfrastruktur
- Erstellung und/oder Umsetzung eines Klimamobilitätsplans
- Regionale Umsetzung des Landeskonzepts Mobilität und Klima
Werden auch Einstiegsstellen gefördert oder werden damit nur erfahrene Fachkräfte eingestellt?
Annika Weiss: Viele Fachkräfte stehen eher am Anfang ihrer Karriere, einige bringen aber auch bereits mehrjährige Erfahrungen aus ähnlichen Bereichen mit.
Was genau machen die geförderten Mobilitätsfachleute? Bitte nennen Sie ein paar Beispiele.
Konstantin Krauß: Die Fachkräfte entwickeln beispielsweise Ideen und Konzeptionen für Ladeinfrastrukturen, entwerfen Pläne für kommunale Radverkehrsinfrastrukturen oder bringen lokalen Akteuren die Vorzüge der Elektromobilität näher. Durch ihren Fokus auf einen Schwerpunktbereich haben sie die Möglichkeit, genau diesen Bereich gesamthaft zu koordinieren und voranzutreiben. Das macht sie zu den Expertinnen und Experten für dieses Thema vor Ort und bindet sie so in entsprechende kommunale Entscheidungsprozesse ein. Sind erste Ideen geboren, so stellen die Fachkräfte dann auch weitere Förderanträge, um Fachkonzepte zu entwickeln. Diese Fachkonzepte sind Pläne zur Gestaltung nachhaltiger Mobilität und beschreiben die entsprechende Umsetzung. Auch diese Fachkonzepte unterstützt das Land durch eine Förderung. Soll die Infrastruktur dann auch gebaut werden, kann in einem weiteren Schritt auf die Förderung durch das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zurückgegriffen werden.
Wie kann man eine Förderung beantragen? Gibt es Antragsfristen und bis wann läuft das Programm?
Annika Weiss: Anträge können zum Stichtag am 31.1. jedes Jahres, aber auch unterjährig gestellt werden. Die Antragsformulare sind auf unserer Homepage (s.u.) zu finden und werden einfach per E-Mail bei der KEA-BW eingereicht. Das Programm läuft planmäßig bis 2030, solange Haushaltsmittel verfügbar sind. Momentan ist dies der Fall.
Wie ist die bisherige Bilanz? Wie wird die Förderung genutzt?
Annika Weiss: Die Förderung wird sehr gut angenommen und wir freuen uns sehr, dass wir momentan auf ein Netzwerk von 161 geförderten Fachkräften blicken können. Ganz besonders freut es uns natürlich, wenn die Stellen auch über den Förderzeitraum hinaus verstetigt werden, was wir in der Praxis häufig beobachten. Das sichert das angesammelte Wissen und das aufgebaute Netzwerk in den Kommunen, sodass weiter an der Umsetzung einer nachhaltigen Mobilität gearbeitet werden kann. So kann die Förderung auch ein Anschub sein, um personelle Kapazitäten zwar kurzfristig aufzubauen, aber langfristig zu entwickeln.
Inzwischen hat sich auch ein Netzwerk der Fachkräfte für Mobilität und Klimaschutz in Baden-Württemberg etabliert. Was hat es damit auf sich?
Konstantin Krauß: Die Fachkräfte werden durch Koordinatorinnen und Koordinaten bei der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) und der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) intensiv betreut und vernetzt. Sie treffen sich regelmäßig online und außerdem einmal im Jahr zu einer großen Netzwerkveranstaltung in Stuttgart. Dort können sie Erfahrungen austauschen und weitergeben. Teilnehmende der großen Netzwerkveranstaltung nennen diese mittlerweile liebevoll auch „das Klassentreffen der Verkehrswende in Baden-Württemberg“, das fasst es schön zusammen.
Noch Fragen?
Weitere Infos zur Förderung bietet der Fördersteckbrief.
Ein Überblick zu aktuell geförderten Stellen in den verschiedenen Bereichen findet sich hier.
Individuelle Fragen zur Förderungen können per Mail gestellt werden: personalstellen-mobilitaet@kea-bw.de