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Ausbildungsmarkt und ökologische Transformation

IAB-Studie zeigt: Die Attraktivität „grüner“ Ausbildungsberufe nimmt deutlich zu

Weil die grüne Arbeitswelt quantitativ am stärksten auf Ausbildungsberufen ausbaut, ist deren Entwicklung besonders wichtig für die Transformation. Drei Forscher aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben sich genauer angeschaut, wie sich der Ausbildungsmarkt für Berufe mit umwelt- und klimafreundlichen Tätigkeiten seit 2013 entwickelt hat.
Text: Krischan Ostenrath

Die Ökologisierung der deutschen Volkswirtschaft ist durchaus nicht nur ein Imperativ für die Zukunft, sondern schlägt sich längst auch in beruflichen Tätigkeiten nieder. Markus Janser, einer der profiliertesten Forscher im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), hat hierzu schon vor einiger Zeit einen „Greeness-of-Jobs-Index“ entwickelt, der die Anteile umwelt- oder klimafreundlicher bzw. umwelt- und klimaschädlicher Tätigkeiten in Berufen beschreibt und so eine Einteilung in Berufe mit Green Skills, neutrale Berufe und Berufe mit Brown Skills ermöglicht. Einer der Vorteile dieses Ansatzes ist die ständige Aktualisierung. Denn Berufe ändern sich im Laufe der Jahre, und so können – wie beispielsweise bei dem/der Dachdecker*in – „braune“ Berufe durch die Implementierung neuer Tätigkeiten zu „grünen“ Berufen werden.

Natürlich lässt diese Kategorisierung keine Aussage über die Ausgestaltung im Einzelfall zu, d.h. das Dachdeckergewerk ist nicht per se ein „grüner Beruf“ und kann im einzelnen Betrieb auf unterschiedliche Weise ausgeformt sein. Ein großer Vorteil dieser Herangehensweise ist aber die Möglichkeit, dass auf ihrer Basis eine Quantifizierung möglich wird. Und hieran haben sich nun Udo Brixy, Markus Janser und Andreas Mense aus dem IAB-Forschungsbereich „Regionale Arbeitsmärkte“ abgearbeitet und einige spannende Bewegungen festgestellt.

Hintergrund der Studie ist zunächst die allgemein anerkannte Feststellung, dass die Lücke zwischen den Verrentungen in den geburtenstarken Jahrgängen und der Zahl nachrückender Schulabgänger*innen seit Jahren größer wird. Neben anderen Faktoren ist das natürlich auch eine wesentliche Ursache für die sinkende Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge bzw. die steigende Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen. Interessant wird es nun, wenn Brixy, Janser und Mense feststellen, dass entgegen diesem Trend die Zahl neuer Ausbildungsverhältnisse für Berufe mit umwelt- und klimafreundlichen Tätigkeiten zwischen 2013 und 2021 um 14 % gestiegen ist. Demgegenüber lag die Zahl neuer Ausbildungsverhältnisse für Berufe mit umwelt- und klimaschädlichen Tätigkeiten um etwa 15 % niedriger (vgl. Abb. 1).

Abb. 1 Entwicklung von Ausbildungsverhältnissen mit grünen, neutralen und braunen Skills

Dafür gibt es natürlich Gründe, und zwar mehr als einen. Die Forscher weisen zu Recht darauf hin, dass sich die meisten Berufe natürlich aus dem „braunen“ in den „grünen“ Bereich verschieben und sich dementsprechend auch die Zahl der Ausbildungsplätze erhöhen muss. Gleichwohl führen Brixy, Janer und Mense das auch auf eine vergleichsweise höhere Attraktivität von Ausbildungsberufen mit grünen Tätigkeiten zurück.

In einem zweiten Schritt betrachten die IAB-Experten auch die regionale Verteilung von braunen, neutralen und grünen Ausbildungsberufen. Das ist insofern ein wichtiger Aspekt, weil ja die vorhandenen Ausbildungsplätze von der regionalen Wirtschaftsstruktur abhängen und dementsprechend mehr oder weniger klima- und umweltfreundliche Tätigkeiten beinhalten können. Interessanterweise sind es nun gerade die Regionen mit hohem Transformationsdruck, in denen die Zahl der Auszubildenden in Berufen mit Green Skills weniger stark steigt. Die ökologische Transformation des Ausbildungsmarkts hinkt hier also der allgemeinen Entwicklung deutlich hinterher.

Abschließend bilanzieren die IAB-Forscher, dass die Attraktivität von Ausbildungsberufen mit braunen Tätigkeiten um so stärker steigt, je stärker sie sich der ökologischen Transformation stellen und grüne Inhalte aufnehmen. Denn früher oder später müssen sich auch die umwelt- und klimaschädlichen Bereiche der deutschen Wirtschaft der Transformation stellen. Und wenn diese Bereiche heute stärker um Auszubildende kämpfen müssen als die umwelt- und klimafreundlichen Wirtschaftszweige, dann liegt hierin auch die Hoffnung, dass dieser Druck auf den Ausbildungsmarkt das „Greening“ umwelt- und klimaschädlicher Branchen beschleunigen könnte.

Zum Nachlesen

Die Studie von Udo Brixy, Markus Janser und Andreas Mense unter dem Titel „Auszubildende entscheiden sich zunehmend für Berufe mit umweltfreundlichen Tätigkeiten“ steht kostenfei zur Verfügung. Zum IAB-Kurzbericht 19/2023 geht’s hier.