Bericht aus dem Süden

DBU-Projekt „Campus Grüne Berufe“

© Ruzbeh Sadeghi

Ein Beitrag zur Energiewende verknüpft mit praktischer Berufsorientierung und der Integration von Geflüchteten

Text: Anne Seemann

Die Internationale Montessorischule München „Campus di Monaco“ hat sich das Ziel gesetzt, Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne Flucht-/Migrationsgeschichte für nachhaltige Berufe zu begeistern, um so einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Integration Geflüchteter voranzutreiben. Das einjährige Projekt „Campus Grüne Berufe“, gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, startete vergangenen Sommer. Nun liegen die Ergebnisse und Erfahrungsberichte vor.


Das Projekt bestand aus drei Modulen, um das Interesse der Schüler*innen für globale Zusammenhänge des Klimawandels, dessen Ursachen, Auswirkungen sowie geeignete Gegenmaßnahmen zu wecken, ihnen praktische Einblicke in die grüne Berufswelt zu ermöglichen und ihnen konkrete Berufseinstiegsmöglichkeiten aufzuzeigen. Zum ersten Modul zählte eine Projektwoche zum Klimawandel, inklusive Kontakt zu einer Partnerschule in Bangladesch, die bereits mehrfach von Überflutungen betroffen war. Warum Klimaschutz und nachhaltiges Bauen wichtig sind, konnte so den Mädchen und Jungen auf beeindruckende Weise verdeutlicht werden – unter anderem am Beispiel eines Schulschiffes, das in der Partnerschule die überfluteten Schulräume ersetzte. Außerdem fanden innerhalb des ersten Moduls Führungen zu klimaneutralen Gebäuden, energieeffizienter Gebäudetechnik und CO2-armem Bauen mit Holz statt. Das Thema wurde praxisnah im Unterricht präsentiert, teilweise in Kooperation mit Mitarbeitenden aus dem Bau- und Planungsbereich.

Modul zwei umfasste verschiedene Bauprojekte. Inspiriert durch das Schulboot in Bangladesch baute eine Gruppe an Jugendlichen mit der Unterstützung von Architekt*innen, Zimmerleuten und einem Bootsbauer ein begehbares Schiff, das nun auf dem Dach der Montessorischule steht.

 

Modul drei widmete sich dem Thema Berufsorientierung. Die Schüler*innen erprobten verschiedene Handwerksberufe in der Akademie der Handwerkskammer und besuchten die schulinterne Berufsmesse, auf der sich Firmen und Partner aus der Region (HWK, Stadtwerke München, Arbeitsagentur etc.) präsentierten. Darüber hinaus erhielten die Schüler*innen Unterstützung bei der Erstellung ihrer Bewerbungsunterlagen und bei der Praktikumssuche.

 

Wichtig ist uns, nicht nur Umweltwissen zu vermitteln, sondern auch die eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Wenn ich als Jugendliche*r die Notwendigkeit der Energiewende erkenne und verinnerliche, bin ich auch motiviert durch einen Beruf im grünen Bereich einen eigenen Beitrag zu leisten – und habe zudem einen zukunftssicheren Job. Durch die Einbettung ins schulische Umfeld erreichen wir auch Jugendliche aus sozioökonomisch prekären Lebenslagen, die für die ökologischen Themen häufig schwerer zu erreichen sind.

Antonia Veramendi,
Schulleiterin Campus di Monaco – Internationale Montessorischule

Rund die Hälfte der teilnehmenden Schüler*innen hatte Flucht-/Migrationshintergrund, von denen wiederum die Hälfte erst kurz vor Projektbeginn aus der Ukraine geflohen waren. Die Sprachbarrieren konnten überwunden werden, indem das Material ins Ukrainische übersetzt wurde. Zu den weiteren besonderen Herausforderungen zählten limitierte Berufsvorstellungen aufgrund der Einzigartigkeit des deutschen Ausbildungssystems, tradierte Genderrollen und die Aufenthaltsperspektive für Jugendliche mit unsicherem Aufenthaltsstatus. Mit viel Zeit, Geduld, psychischer Stabilisierung, Einfühlungsvermögen, konsequenter Ermutigung und intensiver Begleitung gelang es den Projektleitenden das Projekt erfolgreich umzusetzen. Die Evaluation zeigt, dass 95% der Jugendlichen durch das Projekt neue Berufsfelder kennenlernten. Jedem zweiten Jugendlichen wurde bewusst, dass es im Bereich Energiewende besonders viele aussichtsreiche und gut bezahlte Jobs gibt. 25% der Jugendlichen können sich später einen Beruf im Bereich Energiewende vorstellen.

 

Unsere Erfahrungen mit dem Projekt sind sehr gut und zeigen, dass sich die Themen Energiewende und Berufsorientierung mit gut gemachten praktischen Projekten durchaus verbinden lassen. Immer wieder stellen wir fest, dass gerade Jugendliche mit Fluchterfahrung mit der richtigen Hilfe sehr weit kommen. Es kommt also auf die Rahmenbedingungen und das pädagogische Setting an, ob wir sie erreichen und dafür gewinnen.

Antonia Veramendi

Gefördert wurde das Projekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) innerhalb der Förderinitiative „Arbeitskräfte für die Energiewende“. Als besonders modellhaft galt das Engagement für Geflüchtete aus der Ukraine, die durch die Teilnahme am Projekt eine Perspektive erhielten, die Energiewende hier oder nach der Rückkehr in ihrem Heimatland voranzutreiben

 

Das Thema berufliche Bildung im Kontext der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) beschäftigt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) schon seit etwa 30 Jahren. Es ist uns ein Anliegen, Projekte wie „Campus Grüne Berufe“ zu fördern, die jungen Menschen praxisnah und anschaulich Impulse und gute Einblicke in Berufe vermitteln und so eine Ressourcen- und Energiewende im Handwerk voranbringen.

Klaus Jongebloed,
Pressesprecher & Abteilungsleiter Deutsche Bundesstiftung Umwelt