Bericht aus dem Westen

Gemeinsam handeln im Westen

Auf 22 Bildschirmen als kleine Kacheln sieht man die Teilnehmenden der Online-Werkstatt, eine Kachel ist ohne Bild nur mit Namen zu sehen

Strukturen schaffen für die grüne Berufsorientierung vor Ort

Die praktische Ausgestaltung von grünen Berufsorientierungsangeboten geschieht in der Regel und aus gutem Grund vor Ort. Zur Frage, wie sich das in der Region West verbessern und weiterentwickeln lässt, fand am 14. Juni 2023 eine Online-Werkstatt statt.

Text: Krischan Ostenrath

Das Netzwerk Grüne Arbeitswelt ist 2017 mit dem Anspruch angetreten, möglichst viele unterschiedliche Akteurinnen und Akteure zusammenzuführen, die sich mit der grünen Fachkräftefrage beschäftigen. Diese Idee treibt die Koordination ebenso um wie die einzelnen Mitglieder, denn keine unternehmerische, wissenschaftliche oder administrative Institution wird die Probleme der Fachkräfteansprache, -verfügbarkeit oder -engpässe allein auflösen können. Der Schlüssel zur Fachkräftefrage liegt nach gemeinsamer Überzeugung unserer Netzwerkmitglieder gerade darin, es gemeinsam zu versuchen, voneinander zu lernen und nach außen als starker Interessenverbund aufzutreten.

Gleichzeitig ist natürlich klar, dass konkrete Strategien und Aktivitäten zur grünen Fachkräftefrage nicht nur über bundesweite Kampagnen oder Materialsammlungen entwickelt werden können. Diese haben ganz ohne Frage ihre eigene Bedeutung, aber letztlich geschieht die konkrete Ansprache und Aktivierung potenzieller Fachkräfte in der Regel vor Ort: Die wenigsten Azubis werden für eine Lehrstelle von Sachsen-Anhalt nach Baden-Württemberg umziehen, Austausch zwischen Unternehmen und Schulen ist in den meisten Fällen nur in enger räumlicher Nähe sinnvoll und das institutionalisierte Übergangsmanagement ist auch nicht ohne Grund kommunal organisiert. Was liegt also näher, als sich strategisch mit der Frage zu beschäftigen, wie die bestehenden regionalen Strukturen weiterentwickelt und ergänzt werden müssen, um noch besser auf die grüne Fachkräftefrage reagieren zu können?

 

Wir haben uns vorgenommen, das Thema grüne Berufe als Multiplikator bei passenden Gelegenheiten zu platzieren und somit stärker in die Fläche zu tragen.

Sven Schrader, Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit

Vor diesem Hintergrund hatte die Regionalstelle West – also der lokale Netzwerkknoten für die Länder Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Saarland – am 14. Juni 2023 zu einer kleinen Online-Werkstatt eingeladen. Etwa zwanzig Akteur*innen aus der Region West des Netzwerk Grüne Arbeitswelt folgten dieser Einladung und diskutierten intensiv über bestehende Keyplayer und Best Practices einer grünen Berufsorientierung, über Strategien zur regionalen Verankerung entsprechender Berufsorientierungsangebote und natürlich auch über die Frage, wo es weiterhin Ausbau- und Optimierungsbedarfe gibt.

Netzwerkrelevante Strukturen und Akteursgruppen

Die erste Frage richtete sich naturgemäß an die Schwarmintelligenz der Werkstatt-Teilnehmer*innen und beantwortete sich durch zahlreiche Verweise auf bestehende Aktivitäten beispielsweise der kommunalen Koordinierungsstellen in den Bundesländern, den Berufsorientierungsansätzen der einschlägigen Institutionen, aber auch von Verbänden, Kammern und der NGO-Szene.

Akteure grafisch dargestellt in bunten Kästen
© Netzwerk Grüne Arbeitswelt

Instrumente und Ansätze zur regionalen Verankerung

Zur Frage der regionalen Verankerung folgten äußerst hilfreiche Hinweise auf bereits erprobte oder innovative Ansätze und Instrumente sowie auf Kooperationsmöglichkeiten mit lokalen Initiativen in der Region West. Neben der Ansprache der Zielgruppen über implementierte Strukturen wie die NRW-Landesinitiative KAoA „Kein Abschluss ohne Anschluss“, die hessenweite Strategie OloV „Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit im Übergang Schule – Beruf“ oder Strategien der Landesregierungen zur Fachkräfteoffensive wurden auch eine stärkere Einbeziehung der Eltern, mehr Praxismöglichkeiten in nachhaltigen Berufsfeldern sowie ein Ausbau bereits erfolgreicher Peer-to-Peer Angebote (z.B. Nachhaltige Ausbildungsbotschafter*innen, Alumni-Austausch, Patenschaftskonzepte) angeregt. Aber auch eine bessere Verzahnung der Berufsorientierungsangebote mit dem nachhaltigen Lebensstil vieler Jugendlicher, eine stärkere Einbeziehung von Influencer*innen, Schüler*innenvertretungen und Freizeiteinrichtungen kam zur Sprache.

Die Frage nach künftigen Handlungsbedarfen führte zur Benennung wichtiger Leerstellen beispielsweise in der Ansprache einzelner Zielgruppen, in der Einbeziehung sozialer Einflussfaktoren der Fachkräfte von morgen oder die systematische Weiterbildung potenzieller Multiplikator*innen.

Leerstellen

  • Peer-to-Peer Ansätze
  • Erfahrungsräume für Jugendliche
  • Hinweise zu grünen Praktikumsplätzen
  • Fortbildungen für Berufsberater*innen und Ausbilder*innen der Handwerkskammern
  • Elternbezogene Formate, niederschwellig und in anderen Sprachen
  • Ansprechende, zielgruppenspezifische mediale Aufbereitung und kultursensible Vermittlung
  • Informationen in einfacher Sprache
  • Berufsorientierungsangebote an außerschulischen Lernorten, Umweltbildungszentren, im Freizeitbereich
  • Bedarfserhebungen, was potenzielle Fachkräfte für ihre berufliche Entscheidung wirklich brauchen

Abgeschlossen wurde die Online-Werkstatt durch Commitments der Teilnehmenden, in ihrem Bereich die Bemühungen im Bereich grüner Berufsorientierung deutlich zu verstärken.

 

Sinnvoll scheint mir, das Thema möglichst schnell in die schulischen Berufsorientierungskonzepte aufzunehmen. Wir werden mit den Lehrkräften der Berufsorientierung sprechen, wie das Thema besser verankert werden kann.

Daniela Hoen, Jugendberufshilfe Landkreis Sankt Wendel

Die ökologische Dimension der Berufsorientierung muss noch stärker an die Multiplikator*innen gebracht werden. Wir werden unsere Angebote für Berufs- und Studienwahlkoordinator*innen in diese Richtung erweitern.

Carina Kesse, Pädagogisches Landesinstitut Rheinland-Pfalz

Nachhaltige Ausbildungsbetriebe als neue Kooperationspartner für unsere Schülergenossenschaften gewinnen, das könnte unser Beitrag sein.

Tristan Becker, Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e.V.

Wir danken den Teilnehmer*innen für die zahlreichen Beiträge und Hinweise, vor allem aber auch für die Bereitschaft, ihr Wissen mit dem Netzwerk Grüne Arbeitswelt zu teilen und künftig noch stärker an der grünen Fachkräftefrage zu arbeiten.

Auch die anderen Regionalstellen unseres Netzwerks werden in den nächsten Wochen ähnliche Veranstaltungen durchführen. Die Ergebnisse wollen wir auf unseren Jahreskonferenz am 21. November 2023 in Hannover zusammenführen und weiterdiskutieren.