In eigener Sache
Gesucht und gefunden

Das war die NGA-Jahreskonferenz 2025
Zusammen kamen auf unserer diesjährigen Konferenz am 18. November 2025 unter dem Motto „Gesucht und gefunden“ mehr als 50 Teilnehmende in der DASA Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund – darunter alte Bekannte und neue Gesichter und vor allem jede Menge Know-how aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Ob aus Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft oder Medien: Gemeinsam waren wir an diesem Tag auf der Suche nach Lösungsansätzen für die Fachkräftefrage im Umwelt- und Klimaschutz, Geschäftsmodellen für Berufsorientierungsangebote, wissenschaftliche Expertise für die grüne Berufsorientierung – und gemeinsamen Austausch. Was wir dabei fanden: Neue Erkenntnisse, Ideen und Kontakte für die eigene Arbeit und das schöne Gefühl, Teil einer immer noch wachsenden Community mit engagierten Weggefährten zu sein.
Bericht: Sabrina Jaehn
Schon der Konferenzort, den uns unser Netzwerkmitglied zur Verfügung gestellt hat, war etwas Besonderes: Die DASA ist mit einer Dimension von fast zwei Fußballfeldern die größte Arbeitswelt Ausstellung Deutschlands. Beginnend mit der Industrialisierung bis hin zur Arbeitswelt der Zukunft wird sich hier kreativ und praxisorientiert mit Fragen von Arbeitsschutz und Nachhaltigkeit sowie mit Hoffnungen und Ängsten zu Zukunftsthemen auseinandergesetzt. In diese Welt führte Marcus Starzinger, der Leiter des Bereichs Bildung und Vermittlung, die Teilnehmenden ein und bot ihnen im Anschluss der Konferenz die Möglichkeit einer Führung.
In diesem Rahmen warf auch der Netzwerkkoordinator Krischan Ostenrath einen Blick auf Vergangenheit und Zukunft: Vom bisherigen Wachstum des Netzwerks auf aktuell mehr als 200 Mitglieder über gemeinsame Aktionen wie dem NGA-Imagefilm, der Erstellung eines Praktikumsleitfadens und berufspraktischer Übungen für den Unterricht oder der Durchführung von Train the Trainer-Schulungen für Fortbildner*innen bis hin zu neuen Möglichkeiten im NGA. Denn ab 2026 können lokale Einzelakteur*innen oder Verbünde Außenstellen des Netzwerks werden. Als „Hubs“ werden sie zu lokalen Anlaufpunkten für grüne Berufsorientierung und Fachkräftefrage. Wer daran Interesse hat und mehr Informationen haben möchte, kann sich gerne per Mail an uns wenden: info@gruene-arbeitswelt.de.
Wie stark das NGA bereits in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, bekräftigten auch zwei Gastredner mit ihren Grußworten an das Netzwerk:
„Das Netzwerk Grüne Arbeitswelt nehmen wir seit seiner Gründung im Jahr 2017 als einen zentralen Player im BBNE-Prozess wahr. Gerade durch seine Mitglieder aus sehr unterschiedlichen Akteursgruppen hat es sich in den letzten Jahren zu einer Instanz entwickelt, deren Expertise, Neutralität und Innovationskraft mittlerweile breit anerkannt ist. Sie alle haben es im Netzwerk wirklich und wirksam geschafft, die unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema Berufsorientierung und Fachkräftegewinnung im Umwelt- und Klimabereich miteinander zu verbinden.“
Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)
„Wir in der Bundesagentur für Arbeit schätzen die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Grüne Arbeitswelt. Die Heterogenität der Mitglieder und die Unabhängigkeit von partikularen Interessen machen das Netzwerk zu einem glaubwürdigen und kompetenten Player. Und das Wichtigste: Das Netzwerk besteht nun seit über [8 Jahren] und kann in festen Strukturen zum Gelingen eines wichtigen Teils der Transformation beitragen.“
Dr. Sascha Zirra, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
Nach diesen Rück- und Ausblicken wurde es praktisch auf der NGA-Jahreskonferenz. Die Teilnehmenden starteten in eine intensive Workshop-Session zu drei unterschiedlichen Themen:
Wo ist die Geschäftsidee?
Workshop 1 ging unter Leitung von Iken Draeger vom Wissenschaftsladen Bonn der Frage nach, wie sich Angebote zur Berufsorientierung erfolgreich vermarkten und dahinterstehende Bildungsprojekte verstetigen lassen. Als Best Practices dienten hier die Open Educational Badges von mycelia, Strategien zur Vermarktung von Workshop- und Beratungsangeboten von CorEdu und die Zukunftsberufe App von PROSUMIO. Aus der angeregten Diskussion aller Workshopteilnehmenden lassen sich folgende Tipps zum Stichwort #How to Bildungsmarketing festhalten:
- Einzigartigkeit: besondere Formate und Schwerpunkte zu finden
- Anreize schaffen: Nutzen klar kommunizieren
- Frühzeitig mitgedacht: Richtige Rechtsform wählen
- Blick über den Tellerrand: von anderen Kooperationen und Ansätzen lernen
- Objektiv prüfen: Ist Monetarisierung des Angebots sinnvoll?
- Wertigkeit steigern: Kostenlose Angebote mit Preisschild versehen
- Verbindlichkeiten schaffen: Anmeldegebühr erheben
- Rechtzeitig kommunizieren: Angebot nach Ablauf der Förderung kostenpflichtig
Wo sind die Fachkräfte?
In Workshop 2 führte Manuela Zänker von der GLS Bank ein World Café durch. Ziel der erfahrenen Begleiterin von Nachwuchskräften war es, mit den Teilnehmenden konkrete Hebel zu identifizieren, wie Unternehmen durch den Aufbau von Kooperationen mehr Nachwuchs- und Fachkräfte gewinnen können. Unter die Lupe genommen wurden dabei drei potenzielle Gruppen von Kooperationspartnern: Schulen, Jobbörsen und Jobfestivals
Unter der Leitung von Sara Morais Teixeira vom Bildungsbüro Kreis Steinfurt stellten sich folgende mögliche Maßnahmen zur verstärkten Kooperation von Schulen und Unternehmen heraus:
- Tandems bilden: Schüler*innen und Betriebe durch den Einbezug von Azubis und Eltern
zusammenbringen - Alumni-Netzwerk etablieren: Ehemalige Schüler*innen berichten in der Schule aus der Praxis
- Zentrale Bündelung: Matching Plattform mit Angeboten der Unternehmen vor Ort und Stärkung der Berufsberater*innen
Am Tisch von Jan Strohschein von greenjobs, der mit den Teilnehmenden untersuchte, wie Jobbörsen Unternehmen bei der Fachkräftefrage unterstützen können, lauteten die zentralen Erkenntnisse:
- Kompetenzorientierung: statt Stellentitel (individuelle) Fähigkeiten und Interessen in den Fokus rücken
- Formulierungshilfe: Unterstützung beim Entwerfen von Stellenanzeigen mit passenden Keywords
- Zielgruppenerweiterung: Ü50-Fachkräfte und Senior*innen besser mitnehmen
Und Sandra Gleue von der Region Hannover, die in diesem Jahr das Shift Now-Festival auf die Beine gestellt hat, sammelte an ihrer Station mit den Teilnehmenden Ansatzpunkte für die Zusammenarbeit von Unternehmen und Jobfestivals:
- KMU einbinden: niederschwellige Angebote schaffen und Unterstützung bieten
- Peer to Peer: Ausbildungsbotschafter*innen einsetzen und Patenschaften zwischen Azubis und Jugendlichen fördern
- Social Media: zielgruppenspezifisch auf Influencer*innen setzen
Wo sind die Konzepte?
Ein Plenum, bestehend aus Wissenschaftler*innen aus den Bereichen grüne Berufsorientierung, Arbeitsmarkt und Fachkräftefrage stellte unter Leitung von Prof. Dr. Katja Driesel-Lange von der Universität Münster in Workshop 3 Thesen ihrer Arbeit vor und entwickelte mit den Teilnehmenden offene Fragestellungen für potenzielle Forschungsfelder. Zu den zentralen Themen der Diskussion gehörte das Aktivieren junger Menschen für Berufe im Umwelt- und Klimaschutz. Hier besteht Handlungsbedarf, denn zum einen werden laut Dr. Markus Janser vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bis 2030 im Bereich Klimaschutz und -anpassung ca. 200.000 neue Arbeitskräfte benötigt und zum anderen spielt laut den Untersuchungen von Prof. Dr. Andreas Zopff von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg die grüne Transformation der Wirtschaft bei der Berufswahl junger Leute bisher noch überhaupt keine Rolle.
Damit sich junge Menschen für grüne Berufsfelder entscheiden, sind laut Prof. Dr. Rudolf Schröder vom Institut für Ökonomische Bildung der Universität Oldenburg neben dem Wissen darüber, wo es welche entsprechenden Berufe gibt, auch Werte, Emotionen und Attraktoren ausschlaggebend für eine Berufswahl in diesem Feld. Außerdem ist es seiner Ansicht nach wichtig, dass Berufsorientierung im Umwelt- und Klimabereich kein grünes Framing von einzelnen Berufen darstellt. Das geht einher mit der Auffassung des NGA, dass grüne Berufsorientierung immer auch eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Berufsfeldern sein muss. Einig ist sich Rudolf Schröder zudem mit Katja Driesel-Lange darin, dass Berufsorientierung wesentlich früher ansetzen muss – schon im Grundschulalter und nicht erst ab Klasse 7. Ergänzend kam unter den Workshopteilnehmenden von Berufsberater Daniel Zak u.a. der Wunsch nach mehr Erlebnispädagogik auf – mehr Ausprobieren und die Arbeitswelt erlebbar machen.
Schließlich wurden als offene Fragen und damit zukünftige Ansatzpunkte für die Wissenschaft folgende Bereiche identifiziert:
- Wie können wir in der Schule Raum geben? Mit welchen Instrumenten?
- Wie schaffen wir mehr Praxiskontakte zu Unternehmen?
- Wie kann eine Berufsorientierung das Kompetenzerleben bei Jugendlichen fördern?
Round Table: Sie suchen, wir finden
Doch nicht nur die Entwicklung von Hilfestellungen, Hebeln und Ansatzpunkten für dringende Fragestellungen der Berufsorientierungsarbeit und Fachkräftefrage im Allgemeinen standen auf Jahreskonferenz im Mittelpunkt, sondern auch ganz individuellen Herausforderungen wurde Raum gegeben: So nutzte u.a. die agentur mark die Schwarmintelligenz des Netzwerks, Themen der Zukunft in Handwerksbetrieben zu sammeln, die für Schüler*innen besonders relevant sein können. Das Amt für Schule und Bildung der Stadt Kassel bekam für ihr aktuelles Projektvorhaben einen Kontakt an die Hand, zu der Frage, wie etabliert grüne Berufe in der eigenen Region sind. Und die Deutsche KlimaStiftung erhielt für ihr Projekt BBNE-Lobby konkrete Tipps zu der Frage, mit welchen Argumenten und Hebeln sie Unternehmen zum Mitmachen überzeugen können.
Keynote: „Grüner Wandel sucht Talente“
Für fundiertes Hintergrundwissen zum Fachkräftebedarf im Umwelt- und Klimaschutz sorgte Paul Endres vom Personaldienstleister Hays. Er schilderte den Konferenzteilnehmenden Herausforderungen, wie erhöhter Energieverbrauch, Mangel an Fachkräften in Ausbildungsberufen im Klimaschutz und den nahenden Austritt der Babyboomer aus der Arbeitswelt. Außerdem stellte der Experte ausgewählte Kampagnen gegen den Fachkräftemangel vor und identifizierte Gruppen mit ungenutzten Arbeitskraftpotenzialen inkl. Maßnahmen zur Aktivierung:
- Frauen (mit/ohne Kinder U14)
- Qualifikationsgruppen (Menschen ohne Berufsabschluss)
- Zugewanderte
- ältere Beschäftigte
Die gesamte Präsentation steht zum Download zur Verfügung:
Impulse aus der unternehmerischen Praxis: Fachkräfte gewinnen und halten
Abschließend folgte – moderiert von Carolin Bergmann und Sophia Kipp vom Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft – noch einmal der Blick in die Praxis: Wie reagieren Unternehmen auf die Fachkräftebedarfe? Welche konkreten Maßnahmen ergreifen sie, um neue Mitarbeiter*innen zu gewinnen und Angestellte im Betrieb zu halten? Zu diesen Fragen nahmen Manuela Zänker von der GLS Bank und Johannes Vollbehr von PROSUMIO Stellung. Das Startup erhält laut Johannes Vollbehr zahlreiche Initiativbewerbungen und setzt im Umgang mit (potenziellen) Mitarbeitenden vor allem auf:
- den gemeinsamen Einsatz für das Ziel von PROSUMIO: Kompetenzen für Nachhaltigkeit fördern
- Authentizität: „Wir stehen für das, was wir anbieten“
- eine gute Teamkultur inkl. gemeinsames Feiern von Erfolgen
Manuela Zänker hat hingegen folgende Maßnahmen beschrieben:
- Beteiligung an Fach- und Netzwerkveranstaltungen, um neue Idee und Kontakte zu bekommen
- Entwicklung und Durchführung eines bankenübergreifenden Traineeprogramms, um Interesse zu wecken und Anreize zu schaffen
- Etablierung einer neuen Unternehmenskultur, in der auch das Thema Kündigung kein Tabu oder negativ konnotiert ist: „Kein Mensch bleibt heute mehr 30 Jahre in einem Unternehmen. Menschen wollen sich bewegen.“
Genau darum geht es auch auf den NGA-Jahreskonferenzen: Sich bewegen, statt still zu stehen, andere Perspektiven, Vorgehensweisen und Ansätze kennenzulernen, statt immer nur in eingefahrenen Bahnen weiterzumachen, gemeinsam anzupacken, statt sich allein zu verkämpfen. Und so freuen wir uns auf ein baldiges Wiedersehen und Kennenlernen neuer Mitstreiter*innen in 2026.






